Ch.Riebandt: Wie kam es Frau Amandi, dass sie in den 70er Jahren als eine der ersten Frauen in Europa Schlagzeug studierten, auch heute noch eine Männerdomäne?
E.Amandi: Ich gehörte als Kind und auch heute noch zu den Menschen, die Bewegung genauso dringend zum Leben brauchen wie die Luft.
Das hat meine Oma entdeckt, als ich zur Musik im Radio in der Küche wild tanzte und mich daraufhin in der Ballettschule in Würzburg angemeldet.
Ich wurde zu einer begeisterten Ballettratte besonders deshalb, weil ich beim Tanzen Musik in Bewegung umsetzen konnte.
Da der Traum von einer Karriere als Primaballerina sich in Luft auflöste, weil der mir gegebene Körper nicht dehnbar genug ist,
wollte ich trotzdem einen künstlerischen Beruf ergreifen. Da lag es nahe, da ich inzwischen als Jungstudentin
Klavierunterricht am Würzburger Konservatorium erhielt, mich zur Musikpädagogin für Klavier, Flöte und Gambe ausbilden zu lassen.
Und jetzt kam der große Zufall ins Spiel. Zu dieser Zeit wurde der junge Schlagzeugprofessor Siegfried Fink an das Würzburger Konservatorium berufen,
der erste Pionier in der klassischen Schlagzeugszene. Er organisierte als damals einzinger Schlagzeugprofessor mit seinen Studenten reine Schlagzeug-Konzerte im Konzertsaal des Konservatoriums.
Und neugierig wie ich schon damals war, besuchte ich eines dieser Konzerte und wurde sofort infiziert von den Trommelrhythmen
auf den vielfältigen Schlaginstrumenten und vor allem von der für mich völlig neuen Marimba.
Mutig wie ich war, bewarb ich mich spontan um einen Studienplatz bei ihm. Da ich keine spieltechnischen Voraussetzungen mitbrachte,
wurde ich zunächst als Nebenfachstudentin und später als Hauptfachstudentin für Schlagzeug/Pauke aufgenommen.
Und gehöre somit zu den ersten Frauen weltweit, die so ein Studium mit der künstlerischen Reife abgeschlossen haben.
Ch.Riebandt: Der Studiengang heißt ja Pauke/Schlagzeug. Wo bleibt da eigentlich die Marimba?
E. Amandi: Zuerst mal erzähle ich ihnen ganz kurz, wie so ein klassisches Schlagzeugstudium aufgebaut ist.
Jede Studentin und Student lernt alle Instrumente von der Kleinen Trommel über das Drumset,
Pauken bis zu den Melodie-Instrumenten wie Marimba, Xylophon und Vibraphon, was ich sehr gut fand.
Denn die schnelle Schlägeltechnik trainierte ich bei der Trommeltechnik und dazu die motorische große Flexibilität an den Pauken und Drumset,
das mir gar nicht so schwer viel, da Ähnliches auch beim klassischen Ballett gefördert wird.
An der Marimba kam dazu, auf den vielen Tasten Melodien über mehrere Oktaven zu spielen. Und da hatte ich allerbeste Voraussetzungen durch mein langjähriges Klavierspiel.
Denn die Tasten an der Marimba und dem Klavier sind gleich angeordnet. Nur an der Marimba spielte ich nicht mit zehn Fingern sondern mit zwei oder vier Schlägeln
und musste daher viel größere Sprünge zwischen den Tasten bewältigen.
Und gerade dieses Marimbaspielen gefiel mir von Anfang an besonders gut, da es mich ein wenig an mein Tanzen in der Ballettschule erinnerte.
Wenn ich genau überlege, ist mir Marimbaspielen schon damals nicht schwer gefallen im Gegenteil, der Tanz der Schlägel auf den Marimbatasten ist mir praktisch zugeflogen.
Ch.Riebandt: Hatten sie auch Kolleginnen oder nur Kollegen und wie haben diese sich ihnen gegenüber verhalten?
Ich hatte noch eine Kollegin, mit der ich jedoch wenig Kontakt hatte, warum kann ich heute nicht mehr sagen.
Was nun meine männlichen Kollegen von mir dachten, war für mich nicht relevant. Auffallend war, dass die jungen Männer mein besonderes Marimbatalent
mehr oder wenig tot geschwiegen haben, als wenn es für sie kein Thema wäre.
Ich ließ mich davon nicht beirren und habe damals eine dicke Haut dahingehend bekommen und voll ignoriert, was männliche Kollegen über mich denken.
Da mir das Marimbaspielen leicht gefallen war, hatte ich auch sehr viel Selbstvertrauen gewonnen.
Gut, aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass ich mindestens zweimal gemobbt wurde.
So gab es einen sehr von sich überzeugten Kollegen A, der bereits jahrelang in Bands als Schlagzeuger spielte, dagegen an der Marimba wirklich schwach war.
Situation war: ich übte am Schlagzeug im großen Übungsraum, Kollege A kam herein und bemerkte ironisch laut durch den ganzen Raum, so dass es alle hören konnten:
"Das Trommeln von Elisabeth klingt mal wieder so, wie wenn Kartoffeln die Kellertreppe hinunter fallen!" Ich dachte nur: "Du Depp, spiel du erst mal Marimba wie ich!"
und ließ mich nicht beirren, weiter am Schlagzeug zu üben.
Schlimmer war Kollege B. Ich kam ja aus armen Verhältnissen und freute mich über jede Möglichkeit, Geld zu verdienen.
Und da waren gerade die Aushilfen in Orchestern sehr begehrt, weil sie gut bezahlt wurden.
Wie es eben kam, wurde ich für eine Oper im Mainfrankentheater als ständige Aushilfe am Schlagzeug engagiert, wunderbar, da hatte ich elf bestens bezahlte Termine.
Nach fünf Terminen kam Kollege B im Überaum auf mich zu und sagte: "Du spielst jetzt nicht mehr im Theater mit,
denn ich werde jetzt an deiner Stelle die restlichen Aushilfen in der Oper spielen,
da ich ja ein Jahr länger als du Schlagzeug bereits im Hauptfach studiere und mir das somit zusteht." Ich war sprachlos, ging raus und heulte mich draußen aus.
Später habe ich das Professor Fink mal erzählt und da meinte er: "Wären sie doch zu mir damit gekommen, das durfte er nicht einfach so bestimmen." Aber damals war ich einfach noch viel zu wenig selbstbewusst.
Unabhängig davon habe ich auch später immer wieder bei Aushilfen von männlichen Kollegen aus heutiger Sicht
diffamierende Bemerkungen aushalten müssen wie "Das hast du gut gemacht, sogar als Frau".
Aber jetzt darüber klagen bringt nichts. Das ist Schnee von gestern.
Und es hat mich sogar stark gemacht.
Ch. Riebandt: Wie kam es, dass sie sich nach dem Studium aus der Vielfalt von Schlaginstrumenten die Marimba auswählten?
E. Amandi: Als ich fertig war mit meinem Studium, hatte ich zunächst Lust darauf, Schlagzeug in einer Band zu spielen.
Das tat ich zunächst in einer Tanzband und dann einer Rockband neben meiner Unterrichtstätigkeit an Musikschulen auch zwei Jahre lang.
Langfristig waren es für mich zu wenig abwechslungsreiche Bewegungen und mir fehlte es besonders, Melodien zu spielen.
Darüber sprach ich mit meinem Mann Manfred und er meinte: "Dann spiele doch das Xylophon,
was du dir damals während deines Studiums gekauft hast, das hat dir doch immer Spaß gemacht."
Das überzeugte mich nicht, da das Xylophon eine Oktaive höher klingt als die Marimba und ich vom Studium wusste, dass mir der Marimbaklang einfach besser gefällt.
Also musste eine Marimba her. Das hieß für mich erstmal sparen und dann vom eigenen Geld mir meine erste Marimba kaufen, juchhu.
Zunächste schaute ich mich nach Noten für Marimba um und entdeckte, dass es aus Amerika Noten gab für Marimba und Klavier. Das konnte ich mir gut vorstellen
und bestellte mir die Noten.
Die arrangierten Stücke gefielen mir ausnehmend gut. Aber wo finde ich eine Klavierspielerin?
Ich schaute mich an der Musikschule um an der ich unterrichtete und fragte auf dem Gang eine liebe Klavier-Kollegin, ob wir es miteinander versuchen wollen im Duo mit Marimba und Klavier.
Und oh Glück, sie sagte zu und da sie auch Elisabeth mit Vornamen hieß, nannten wir uns spontan "Lissy und Sissy".
Gut war, dass es zu dieser Zeit Anfang der 80er Jahre in München sogenannte Kleinkünstbühnen gab, die ein Abendprogramm zusammen setzten aus Beiträgen von je 20 Minuten
mit verschiedenen Musikgruppen.
Das war ideal für uns. Wir waren eifrig dabei, dafür ein publikumswirksames kurzes Programm zu erarbeiten
und traten bald darauf mit einem solchen 20minütigen Programm im Robinson Club auf.
Hier spielten wir ausschließlich arrangierte Musiktitel für Marimba und Klavier wie
"Der Schwan" aus dem "Karneval der Tiere" und den "Hummelflug" von Rimski-Korsakoff als Höhepunkt am Schluss. Der Start war schon mal geglückt.
Ch.Riebandt: Und genau mit diesem Hummelflug hatten sie ja ihren ersten medienwirksamen Auftritt 1981 im Fernsehen.
Wie kam das denn zustande?
E.Amandi: Oh das war auch so ein riesengroßer Zufall.
Ich unterhielt mich mit meinem Mann darüber, wie ich schneller bekannt werden könnte. Er meinte einfach: "Du musst in einer Fernsehsendung
was Spektakuläres machen wie z.B. deinen Hummelflug auf der Marimba schneller spielen als ein Geiger in der neuen Show "Wetten dass....".
Das gefiel mir sofort und spontan wie ich bin, schrieb ich mit ihm zusammen ein Bewerbungsschreiben an das ZDF.
Zwei Monate später wurde ich in die Redaktion eingeladen mit meiner Marimba nach Mainz, um dort zu beweisen,
dass ich den Hummelflug auf meiner Marimba super schnell spielen kann. Und wiederum drei Tage später kam der Anruf: Frau Amandi, sie sind in der nächsten
Wetten-dass-Sendung am 31. Oktober in Kaiserslautern.
Damit hatte ich meinen ersten großen Fernseh-Auftritt in der 6. Sendung von "Wetten dass..." geschafft, das war schon was.
Danach tanzte ich durch unser Wohnzimmer wie einst in der Küche meiner Oma zur Musik aus dem Radio.
Und bei der Sendung am 31. Oktober geschah wirklich das große Wunder. Überraschend für mich und alle Zuschauer gewann ich auf der großen Marimba mit spektakulären 47 Sekunden
gegen den Geiger mit 53 Sekunden die Wette. Und dazu kam noch, dass ich am Schluss Wettkönigin der Sendung wurde. Damit war ich aus dem Stand heraus in Deutschland
bekannt wie ein bunter Hund, was ich ja gewollt hatte zu dieser Zeit.
Ch.Riebandt: Und wie ging es danach weiter für sie an der Marimba?
E.Amandi: Leider ganz anders, als ich mir erhofft hatte. Neben positiven Berichten wurde ich in einigen Printmedien
sowohl von den Redakteuren als auch in Leserbriefen auf eine Art und Weise unwahrscheinlich gemobbt, was wirklich voll diskriminierend war.
Ich war so geschockt nach dem Glückstaumel nach der Sendung, dass ich zum allerersten Mal in meinem Leben in ein großes mentales Loch fiel.
Doch es kam noch schlimmer. Einige Tage später erhielt ich von Sissy, meiner Klavierpartnerin einen Brief, dass sie nicht mehr mit mir weiter
so unterhaltende Musik am Klavier spielen möchte, weil sie sich auf die reine Klassik spezialisieren wollte. Gut das verstand ich schon,
trotzdem tat es unheimlich weh, gerade nach diesem Mobbing in den Medien.
Da half mir mein Mann sehr und ich kam doch relativ rasch wieder auf die Beine. Ich suchte eine neue Klavierpartnerin
und es begann danach mit Doris Villinger eine sehr aktive künstlerisch spannende Zeit im neu gegründeten "Ariadne-Duo".
Ch.Rieband. Und mit diesem "Ariadne Duo" kam 1984 die erste von Ihnen eingespielte CD "Marimbaszenen"
mit einem einzigartigen Crossover-Programm heraus, wie es soetwas bis dahin noch nicht gab.
E.Amandi: Da muss ich etwas ausholen. Doris ist eine sehr kreative Musikerin und brachte ganz neue Ideen in das Duo rein.
Sie spielte ja nicht nur Klavier sondern auch Querflöte und fing an, selbst Marimba und Trommeln zu lernen.
Darauf aufbauend erstellten wir ein unwahrscheinlich abwechslungsreiches einzigartiges Crossover-Programm mit Musik sowohl aus der Klassik
wie den "Säbeltanz" aber auch Folk von dem Gitarristen Davied Qualey und Ragtimes aus Amerika. Es war ein sehr inspirierender künstlerisches Miteinander mit Doris
und das Programm, das daraus sich entwickelte, war ein richtiger Publikumsmagnet.
Doris war der musikalische Input und ich lernte von meinem Mann viel darüber, wie ein solches Duo zu managen sei, mit dem Aufbau von Kontakten zu Veranstaltern
und was halt alles so dazu gehört.
So schafften wir es dank meiner jetzt größeren Popularität, Konzertangebote vor allem im süddeutschen Raum zu erhalten.
Ganz besonders gut tat mir dabei, dass wir als Duo und ich explizit als Marimbasolistin tolle Kritiken bekamen, was gerade nach dem Mediendebakel mit
"Wetten dass..." wirklich mein Selbstvertrauen wieder enorm stärkte.
Und so blieb es nicht aus, dass bei einem dieser Konzerte uns ein Produzent eines Schallplattenlabels aus dem Münchner Raum engagierte,
um in seinem Tonstudo unser damaliges Konzertprogramm direkt einzuspielen, übrigens ein sehr stressiger und zeitaufwendiger Vorgang. Das Album
"Marimbaszenen" wurde übrigens sowohl als Langspielplatte, als Musikcasette und als eine der ersten DVDs produziert, das war schon voll überwältigend.
Ch.Riebandt: Daraufhin hatten sie sogar zahlreiche Funk- und Fernsehauftritte im deutschsprachigen Raum.
E.Amandi: Man muss wissen, dass wir durch die Marimba und dem Crossover-Programm einzigartig in der ganzen Musikbranche waren.
Dazu kam der Bonus von "Wetten dass...", dazu zwei attraktive junge Frauen, darauf sprang das Fernsehen aber auch der Rundfunk an.
Wir hatten Auftritte im BR, SWR, WDR und NDR innerhalb eines Jahres, wir wurden wie Superstars damals behandelt.
Aber wie das Leben so spielt, wurde Doris Villinger in dieser Zeit schwanger, eigentlich was Wunderschönes. Und sie wollte auch nach der Geburt
ihrer Tochter weiter machen. Doch das war unrealistisch gedacht. Ein Baby braucht ja gerade in den ersten Monaten
seine Mutter und so merkte Doris bald, dass es nicht mehr zu vereinbaren war, weiter diese Reisen zu Fernsehsendern und Konzerten mit Kind zu realisieren.
Wir trennten uns freundschaftlich zunächst mit der Überlegung, später wieder miteinander zu musizieren.
Doch ich hatte noch Verträge für Fernseh- und Konzerttermine zu erfüllen. Ich suchte verzweifelt nach einer adäquaten neuen Partnerin, doch eine
Pianistin die gleichzeitig Marimba, Trommeln und Flöte spielt, gab es keine Zweite weit und breit.
Im Gespräch mit meinem Mann überlegten wir, welche Alternative es gäbe. Und er meinte: "Da ist doch an deiner Musikschule die tolle japanische
Vibraphon-Spielerin Mari Honda. Frag sie mal, ob sie mitspielen möchte. Du kannst ja dann die Musik einfach etwas umschreiben, das müsste doch zu schaffen sein."
Na gut, bevor ich Termine absagte wagte ich es und Mari Honda war begeistert davon.
So erlebte ich mit Mari Honda im "Amandi Duo" tolle Konzerte und Fernsehauftritte. Wir hatten sogar eine eigene 30-minütige Special-Sendung im Musikkanal des ZDF.
Aber auch das "Amandi Duo" sollte leider nicht sehr lange bestehen. Denn nach zwei Jahren erhielt Mari Honda ein tolles Angebot an das Mozarteum Salzburg als Schlagzeugdozentin
und wir einigten uns einvernehmlich, das spannende Duo erst mal aufzulösen und abzuwarten, ob es später möglich wäre, damit weiter zu machen trotz der räumlichen Entfernung.
Und wie jetzt das Schicksal so spielte, kam aus heiterem Himmel durch meinen gestiegenen Bekanntheitsgrad die Gitarristin Gabriele Prediger auf mich zu und fragte,
ob ich mit ihr als Schlagzeugerin und Marimbaspielerin zeitgenössische Musik von Komponisten aus Bayern für den Bayrischen Rundfunk Klassik einspielen wolle.
Warum nicht, dachte ich. Ich hatte keine aktuellen Konzertermine mehr, also konnte ich mir das Programm drauf üben, wie Musikerinnen zu sagen pflegen.
So hatte ich jetzt wieder mal Tonaufnahmen im Studio, eine bekanntermaßen sehr spannende und stressige Angelegenheit.
Danach überlegten wir zusammen, aus diesem ca. 30minütigen Programm und geeigneten Titeln aus meinem bisherigen Konzertprogramm eine neue Version von
Crossover-Programm zu erstellen und als Amandi-Prediger-Duo mit Marimba, Percussion und Gitarre aufzutreten. Das reizte mich und wir konzertierten auch bald in dieser
weltweit einzigartigen Besetzung in Deutschland.
Übrigens war ich in dieser Zeit auch sonst noch äußerst aktiv. Neben Dozentin von Percussion-Workshops präsentierte ich als Comoderatorin und Redakteurin hier in München sogar noch in einer
regelmäßigen Fernsehreihe in dem Kinderprogramm "Bim Bam Bino" bei Tele 5 musizierende Kinder mit ihren Instrumenten, eine unwahrscheinlich schöne neue Arbeitswelt für mich.
Ch.Riebandt: Letzthin habe ich in dem biographischen Roman "Kreativität macht glücklich" über ihr Leben gelesen,
dass 1990 ein riesengroßer Bruch in ihrem Lebenslauf war. Wie kam das zustande?
E.Amandi: Der Auslöser war, daß meine geliebte Mutter 1990 völlig überraschend ohne Vorankündigung starb.
An ihrem Todestag gab ich sogar noch ein Konzert in München in der Blutenburg mit der Gitarristin, denn "the show must go on" wie wir Künstler zu sagen pflegen.
Danach überflutete mich eine tiefe Trauer und ich fiel in eine bis dahin nie erlebte riesengroße Depression.
Ich konnte nur noch das notwendige Pflichtprogramm absolvieren, stornierte alles wie Konzerte, Workshops und TV-Auftritte, das wurde alles völlig unwichtig. Nur Unterrichten musste ich weiter, um Geld zu verdienen.
Und das war meine Rettung. Jetzt als Pädagogin erholte ich mich ganz langsam von diesem riesengroßen Schock,
denn das Weitergeben meines Könnens an junge Menschen war damals für meine trauernde Seele besser als das Auftreten in der Öffentlichkeit.
Und was ich nicht geahnt hatte, dass dadurch, dass ich jetzt alleine mit dem Unterrichten beschäftigt war, mir besonders auffiel, dass es für meine Schüler
wenig geeignete Spielliteratur für den Einstieg gab die ihnen auch Spaß machte.
Ohne eigenes Zutun fing somit das kreative Areal in meinem Gehirn an, dahingehend aktiv zu werden,
dass ich für meine Schüler leichte gut spielbare Percussion-Stücke komponierte. Diese wurden
dann in den folgenden Jahren veröffentlicht und ich wurde auf diesem Weg zur Komponistin.
Ch. Riebandt: Sie hatten zu dieser Zeit mit ihren Schlagzeugschülern zahlreiche Preise bei dem Wettbewerb "Jugend musiziert" erspielt!
E.Amandi: Richtig, das war ebenfalls völlig unerwartet für mich. Diese Preise der von mir unterrichteten Schüler weckten in mir neuen Lebensmut und spornten mich dahingehend an,
dass nach dem Erfolg 1992 beim Bundeswettbewerb meine Lust am Marimbaspielen langsam wieder geweckt wurde.
Ich merkte, dass ich als Musikerin
Fähigkeiten habe, die ich persönlich im weiteren Marimbaspiel nutzen sollte, um damit Menschen Freude zu bereiten.
Ich fühlte ganz tief in meinem Innersten, daß ich als Marimba-Solistin noch lange dazu beitragen kann, in weiteren Konzerten vielen Zuhörern eine besonders intensive erlebnisreiche Zeit
im schönen Marimbaklang zu schenken.
Ch. Riebandt: Und wie gingen sie da vor?
Ich wollte nach dieser längeren Pause völlig neu anfangen und suchte völlig entspannt nach einem Gitarristen oder Gitarristin, die mich neu inspirieren könnte.
So besuchte ich regelmäßig Konzerte von Gitarristinnen rund um München und traf auf Lucia Egger.
Wir harmonierten sofort und starteten sofort, ein neues Programm zu erarbeiten, in dem der Schwerpunkt sich in die Richtung spanischer bzw. südamerikanischer Musik verlagerte neben
einigen Titeln aus meinem früheren Programm.
Mit diesem Amandi-Egger-Duo mit Marimba und Gitarre konzertierte ich dieses rhythmisch schwungvolle, energetisch spanisch orientiertes Programm in zahlreichen Konzerten
in Schlössern und Konzertreihen im süddeutschen Raum.
Der krönende Erfolg davon war dann 1994, dass wir als Amandi-Egger-Duo den Förderpreis der Landeshauptstadt München verliehen bekamen durch den Verein "Pasinger Mariensäule".
Damit startete ich meine zweite Karriere als anerkannte Marimba-Solistin. Schön war, dass ich bis dahin als Marimba-Pionierin Weichen gestellt hatte
für jüngere Marimbakolleginnen, die nach meinem Vorbild sich als Marimbasolistinnen profilierten.
Ch. Riebandt: Aber sie hörten ja nicht auf. Wie ging es denn für sie weiter?
Recht erfolgreich, aber das gehört nicht mehr hierher zum Abschnitt der Marimba-Pionierin. Wie es weiter ging können Sie nachgelesen in den Kapiteln
Duo KlangPerlenSpiel,
Trio MarimbaBanda,
Solistin mit Orchester.
Da erfahren sie noch ganz viel Spannendes über meinen Lebensweg als eine der ersten Marimba-Solistinnen.
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